„Deutsch weltweit –Grenzüberschreitende Perspektiven auf die Schnittstellen von Forschung und Vermittlung“ , cilt.104, ss.255-267, 2020 (Hakemli Dergi)
Deutsch als Fremdsprache in der
Türkei – eine aktuelle Bestandsaufnahme
Gamze Karbi (Ankara, Türkei)
1 Türkisch-Deutsche
Beziehungen und die Anfänge des Deutschunterrichts
2023 wird
die Türkische Republik 100 Jahre alt. Schon vor der Gründung der Türkischen
Republik existierten zwischen dem Osmanischen Reich und dem Deutschen Reich
militärische, politische, wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche
Beziehungen. Im Ersten Weltkrieg waren beide Staaten Verbündete und nach
Kriegsende gehörten sie zu den Verlierern. Aufgrund geschichtlicher
Hintergründe, aber auch durch die heutigen wirtschaftlichen,
gesellschaftspolitischen, kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen hat
Deutsch als Fremdsprache in der Türkei eine lange Tradition und einen
besonderen Stellenwert (Akdoğan 2003: 46).
Französisch
war im 19. Jahrhundert die vorherrschende europäische Fremdsprache im
Osmanischen Reich. Durch den Bedarf an qualifizierten Dolmetschern1,
die sowohl für diplomatische, als auch für wirtschaftliche Beziehungen
eingesetzt werden sollten, wurde im Jahr 1864 eine Sprachschule gegründet, die anfangs Dolmetscher für Französisch,
Rumänisch und Bulgarisch ausbildete und an der per Befehl von Sultan Abdülhamid
II. ab 1892 auch Englisch, Russisch und Deutsch angeboten wurden (Genç 2003:
20). Deutsch wurde ab dem Ende des 19. Jahrhunderts nur an wenigen Schulen
unterrichtet. An dieser Stelle sind die Deutsche
Schule (Gründung 1868) und das österreichische St. Georgs-Gymnasium (Gründung 1889) zu nennen; hier handelte es
sich anfangs um Deutsch als Mutterspra-
1 Maskuline Personenbezeichnungen werden im ganzen
Beitrag im generischen Sinne verwendet und beziehen sich sowohl auf weibliche
als auch auf männliche Personen.
che (Ammon
2015: 1020). Diese Schulen wurden von Eltern aus der deutschsprachigen Kolonie
am Bosporus, sogenannten Bosporusdeutschen,
gegründet (Münch 2014: 127). Damals besuchten überwiegend Kinder deutscher
Familien diese deutschsprachigen Schulen. Laut Informationen über das
gegenwärtige Schulprofil der Deutschen Schule Istanbul besitzen heute 80 % der
Schülerschaft die türkische Staatsangehörigkeit (vgl. Deutsche Schule Istanbul,
Schulportrait).
Nach dem
Ersten Weltkrieg existierte das Osmanische Reich nicht mehr. Die Türkische
Republik wurde 1923 gegründet und ab Mitte der 1920er Jahre wurden Reformen in
allen Bereichen durchgeführt, auch im Bildungswesen (Ortaylı 2011: 56). Der
Präsident Mustafa Kemal Atatürk, Vater
der Türken, legte großen Wert auf die Modernisierung des Landes und auf
seine Einladung kamen deutsche Wissenschaftler, Ärzte, Künstler und Architekten
in die Türkei (vgl. Mangold-Will 2014).
Nicht zu
vergessen ist die Tatsache, dass von 1933 bis 1945 rund 800 deutschsprachige
Exilanten in die Türkei kamen, darunter zahlreiche Hochschullehrer,
Wissenschaftler und ihre Mitarbeiter, aber auch Handwerker und Menschen mit
kleinen Geschäften. Sie waren vor dem Nationalsozialismus geflohen und fanden
Zuflucht in der damals jungen Türkischen Republik (Türkei-Jahrbuch 1998: 83).
Sie hinterließen ihre Spuren in den verschiedenen Bereichen und leisteten einen
wichtigen Beitrag bei der Neugestaltung der türkischen Universitäten.
Wenn man
die deutsch-türkischen Beziehungen untersucht, dann stellt man fest, dass das
am 30. Oktober 1961 unterzeichnete Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der
Türkei einen Wendepunkt darstellt. Beide Seiten wussten zu diesem Zeitpunkt
nicht, welche weitreichenden Folgen dies für das Leben der Gastarbeiter und welche Veränderungen das Anwerbeabkommen für die
deutsche Gesellschaft und Politik mit sich bringen würde. Die Anwerbung war
ausschließlich für Unverheiratete vorgesehen und auf zwei Jahre befristet. Ein
Familiennachzug war verboten. In den folgenden Jahren änderte sich diese
Situation und Ehepartner und Kinder der Gastarbeiter
kamen auch nach Deutschland. 1983 wurden mit einem Beschluss der
Bundesregierung Rückkehrprämien an Ausländer gezahlt; etwa 120.000 Türken
kehrten in die Türkei zurück (Seifert 2001: 57). Nach Angaben des Statistischen
Bundesamts lebten im Jahr 2017 1,48 Millionen türkische Staatsbürger in
Deutschland (Statistisches Bundesamt 2017). Diese Zahl erhöht sich auf 2,86
Millionen Menschen, wenn die in Deutschland lebenden türkischstämmigen Menschen
mit deutschem Pass einberechnet werden (vgl. ebd.). Die Migration erfolgt aber
auch in die andere Richtung; zu erwähnen ist die Abwanderung von Deutschland in
die Türkei; jährlich wandern 14.000 bis 17.000 türkische Staatsangehörige in
die Türkei ab (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2014). Diese
Wanderungsbewegungen haben Auswirkungen auf den fremdsprachlichen
Deutschunterricht. Für die Kinder der türkischen Familien, die insbesondere in
den 80er Jahren in die Türkei zurückgekehrt waren, die sogenannten Rückkehrer, wurden vermehrt Schulen mit
Deutsch als Unterrichtssprache benötigt. Die Anadolu-Gymnasien hatten wegen ihrer fremdsprachlichen Ausrichtung
ein hohes Ansehen und sollten Rückkehrerkindern
die Reintegration ermöglichen. Parallel dazu stieg auch die Nachfrage für die
Studiengänge Germanistik und Deutschlehrerausbildung.
Hinsichtlich
der deutsch-türkischen Beziehungen sind die Wirtschaftsbeziehungen von großer
Bedeutung. Betrachtet man die Handelspartner von Deutschland im Jahr 2017,
stellt man fest, dass die Türkei auf Rang 16 von insgesamt 239 Handelspartnern
steht (Statistisches Bundesamt 2018). Die Handelsbeziehungen zwischen der
Türkei und Deutschland erfordern gute Deutschkenntnisse. Zu erwähnen ist auch,
dass die Türkei für viele Deutsche ein beliebtes Reiseland ist. Den Zahlen des
türkischen Tourismusministeriums zufolge kamen allein im Juni 2018 452.000
deutsche Gäste in die Türkei, das sind 18 % mehr, als im Jahr 2017. Mehr als 4,5
Millionen deutsche Touristen besuchten die Türkei im Jahr 2018
(Tourismusministerium der Türkischen Republik 2018). Die Ausbildung von
Fachkräften für die Tourismusbranche erfolgt an Berufsgymnasien für Tourismus
(Anadolu Otelcilik ve Turizm Meslek Lisesi) und an Hochschulen in Studiengängen
wie z.B. Tourismusmanagement2. Sowohl am Berufsgymnasium als auch in
den Studiengängen, die Tourismus-Fachkräfte ausbilden, spielt der
Fremdsprachenunterricht eine wichtige Rolle. Als zweite Fremdsprache nach
Englisch wird an diesen Schulen Deutsch, Russisch und Französisch
unterrichtet.
2 Deutschunterricht
an Schulen
In der
Türkei existieren verschiedene Schultypen mit jeweils unterschiedlichen
Lernangeboten: staatliche Schulen, Privatschulen und Stiftungsschulen. Eine
kleine Gruppe bilden die Minderheitenschulen, dazu können die armenische,
jüdische und griechische Schule, die alle in Istanbul sind, gezählt werden;
hinzu kommen die Botschaftsschulen.
Nach
Angaben einer Schulstatistik, die im Jahr 2018 vom Erziehungsministerium
veröffentlicht wurde, besuchen 14.684.664 Schüler staatliche Schulen und
1.204.963 Schüler Privatschulen (Milli Eğitim İstatistikleri Örgün Eğitim 2018:
129). 2016 bis 2017 wurden in der Türkei 1.777 neue Privatschulen gegründet
(Milli Eğitim Bakanlığı Özel Öğretim Kurumları Genel Müdürlüğü 2017: 1). An
diesen Zahlen kann man erkennen, dass Privatschulen in der Türkei zwar keinen
herausragenden Platz in der Schullandschaft einnehmen, die Nachfrage jedoch
steigt.
Der
Fremdsprachenunterricht in der Türkei wurde in den letzten Jahren maßgeblich
durch zwei Entwicklungen beeinflusst. Mit dem Schulreformgesetz im Jahr 1997
wurde die Schulpflicht auf acht Jahre verlängert, dadurch konnte die erste
Fremdsprache bereits im Primarbereich und eine weitere Fremdsprache in den
höheren Schulstufen eingeführt werden (Akdogan 2003: 46). Ab 2012 wurde die
Schulpflicht
auf 12 Jahre erhöht und das Schulsystem geändert (Gündoğar;
2 Dieser Studiengang wird an zahlreichen Universitäten
angeboten, an dieser Stelle sollen nur einige davon aufgezählt werden; Anadolu
Universität, Marmara Universität, Bilkent Universität, Istanbul Universität,
Akdeniz Universität.
Sayınsoy Özünal 2018: 172). Demnach
sieht die Aufteilung folgendermaßen aus:
Grundschule
(1.-4. Klasse), Mittelstufe (5.-8. Klasse) und Oberstufe (9.-12. Klasse). Die
erste Fremdsprache setzt bereits ab der 2. Klasse mit zwei Unterrichtseinheiten
pro Woche und ab der Mittelstufe mit vier Wochenstunden obligatorisch ein
(Çetintaş; Genç 2016: 1684).
Die erste
Fremdsprache an türkischen Schulen ist in der Regel Englisch, eine Ausnahme
bilden türkeiweit ca. 40 Anadolu-Schulen (Anadolu Lisesi) mit Deutsch als
erster Fremdsprache (z.B. Bornova Anadolu Lisesi, Cağaloğlu Anadolu Lisesi),
einige Privatschulen (z.B. TAKEV, ALEV, IELEV) sowie die Deutschen
Auslandsschulen (z.B. die Ernst Reuter Schule Ankara, die Deutsche Schule
Istanbul).
Jahrelang
war Französisch die erste Fremdsprache in der Türkei, später die meistgelernte
Fremdsprache nach Englisch. In den letzten zehn Jahren hat sich diese Situation
geändert. Das Angebot der zweiten Fremdsprache als Pflichtfach und als Wahlfach
umfasst die Sprachen Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch,
Japanisch, Chinesisch oder Russisch (Uzuntaş 2013: 514). In Bezug auf die
Lernerzahlen hat sich die deutsche Sprache als zweite Fremdsprache etabliert
(Polat; Tapan 2005: 1). Nach dem Schulreformgesetz im Jahr 2012 ist ab der 9.
Klasse die zweite Fremdsprache Wahlpflichtfach. Seitdem ist der
Deutschunterricht im Aufwind, dies zeigt sich an der dynamischen Entwicklung
was die Zahl der Deutschlernenden im Schulbereich betrifft (für 1985-2010:
Ammon 2015: 1021; für 2015: DAAD-Bildungssystemanalyse 2017: 31).
Tabelle
1: Zahl der Deutschlernenden über die Jahre 1985-2015.
|
1985 |
1995 |
2000 |
2005 |
2010 |
2015 |
DaF- Lernende an türkischen Schulen |
280.000 |
80.000 |
225.000 |
260.000 |
309.069 |
450.000 |
An dieser
Stelle sollen Schulen, an denen die deutsche Sprache einen besonders hohen
Stellenwert hat, hervorgehoben werden. In der Türkei gibt es 17 Schulen3,
die von Deutschland unterstützt werden, indem ein Fachberater der Zentralstelle
für das Auslandsschulwesen (ZfA) und Lehrkräfte aus Deutschland entsandt werden4.
Die Schüler an diesen Schulen haben die Möglichkeit, die Prüfung für das
Deutsche Sprachdiplom (DSD I oder DSD II) abzulegen. Den Deutschlehrkräften der
Schulen werden regelmäßig Prüferschulungen und Fortbildungen angeboten.
3
Verteilung
der von der ZfA geförderten Schulen nach Städten: Adana (eine Schule), Ankara
(drei Schulen), Antalya (eine Schule), Istanbul (sieben Schulen), Izmir (vier
Schulen) und Samsun (eine Schule).
4
Informationen
bezüglich der DSD-Schulen in der Türkei wurden freundlicherweise von Frau Semra
Budak, Fachberaterin für Deutsch im Auftrag der Zentralstelle für das
Auslandsschulwesen, zur Verfügung gestellt.
Seit zehn
Jahren wird Deutsch an türkischen Schulen auch durch die PASCH-
Initiative5
gefördert. Die sogenannten PASCH-Schulen
werden vom GoetheInstitut mit dem Ziel betreut, die Deutsch- und
Landeskundekenntnisse der Schüler und Lehrkräfte zu fördern (vgl.
Goethe-Institut PASCH-Initiative). Durch Sprachcamps, Schulprojekte und
Wettbewerbe, an denen sich die Schüler beteiligen, sollen sie ihre
Deutschkenntnisse anwenden und erweitern können. Stipendien für einen
Deutschlandaufenthalt helfen den Deutschlernenden, Deutschland und seine Kultur
besser kennenzulernen. Deutschlehrkräfte bekommen mit einem PASCH-Stipendium
die Möglichkeit, an Schulen in Deutschland zu hospitieren und an
Lehrerfortbildungen zu methodisch-didaktischen Themen teilzunehmen.
Die oben
beschriebenen aktuellen schulischen Bedingungen ermöglichen es, von einer
positiven zukunftsbezogenen Perspektive von Deutsch als Fremdsprache in der
Türkei zu sprechen.
Eine
weitere Entwicklung innerhalb der türkischen Schullandschaft stellt die
ansteigende Zahl der Imam Hatip Lisesi, Berufsfachgymnasien
zur Ausbildung von Imamen (Vorbeter)
und Hatip (Prediger), dar. In Bezug
auf den schulischen Fremdsprachenunterricht ist kennzeichnend, dass an diesem
Schultyp im Gegensatz zu anderen Schulen Deutsch als Fremdsprache nicht
angeboten wird und der obligatorische Fremdsprachenunterricht in drei Kategorien
gegliedert ist: Englisch, Arabisch und Arabisch für den Beruf; als Wahlfach
wird an einigen Schulen Persisch angeboten (vgl. Anadolu Imam Hatip Lisesi
Haftalık Ders Çizelgesi 2018/2019). Das bedeutet, dass die verbreitete
Fremdsprachenkombination Englisch als erste Fremdsprache und Deutsch als zweite
Fremdsprache an diesem Schultyp nicht vertreten ist. Die Zahl der Imam Hatip Lisesi ist in den letzten
Jahren stark angestiegen, auch durch die Umwandlung von regulären Gymnasien
(Lise) und Anadolu Lisesi in Imam Hatip
Lisesi. In den letzten zwei Jahren ist ein Anstieg um 26,36 % zu vermerken;
im Schuljahr 2017/2018 lag die Anzahl der Imam Hatip Lisesi bei 1452 (Milli
Eğitim İstatistikleri Örgün Eğitim 2017/18). Die 645.000 Schüler dieses
Schultyps stellen 11 % aller Gymnasiasten in der Türkei dar. Nicht nur ins
schulische, sondern auch ins gesellschaftliche Leben hat die arabische Sprache
mehr Zugang gefunden. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Tatsache, dass in der
Türkei heutzutage etwa vier Millionen syrische Flüchtlinge leben. Besonders in
Provinzen, die an der 911 km langen Grenze zu Syrien liegen, aber auch in den
Großstädten Istanbul, Ankara, Adana, Mersin und Gaziantep, hat die Zahl von
Menschen mit Arabisch als Muttersprache stark zugenommen.
5 PASCH steht für die Initiative Schulen: Partner der Zukunft.
3 Deutsch
an Universitäten
An den
türkischen Universitäten werden folgende drei Studiengänge im Kontext von
Deutsch als Fremdsprache angeboten: Germanistik,
Deutsche Sprache und ihre Didaktik (Deutsch
als Fremdsprache auf Lehramt) und Übersetzungs-
und Dolmetscherausbildung für Deutsch (vgl. YÖK6 Atlas
2019).
Die
Deutschlehrerausbildung ist eine Abteilung an den Erziehungswissenschaftlichen
Fakultäten der Hochschulen. Im Zuge des Bologna-Prozesses wurde das Curriculum
der Deutschlehrerausbildung im Jahre 2006 neu strukturiert. Das revidierte
berufsqualifizierende Studienprogramm ermöglicht eine freiere Gestaltung der
Lehrveranstaltungen, da das Angebot an Wahlfächern erweitert wurde. Bei dem Studiengang
Deutsche Sprache und ihre Didaktik7
handelt es sich um ein vierjähriges Lehramtsstudium, bei dessen Abschluss die
Absolventen eine Lehrbefähigung erhalten. Das Studium umfasst auch ein
Praktikum, das den Studierenden den Erwerb von Kompetenzen und
Schlüsselqualifikationen in Bezug auf den Lehrerberuf ermöglichen soll. Im
siebten Semester hospitieren die Studierenden an Schulen im Rahmen eines
umfassenden Programms zur Unterrichtsbeobachtung und im achten Semester folgt
das eigentliche Deutschfachpraktikum, bei dem die Studenten Unterricht
beobachten und auch selbst unterrichten (vgl. Gündoğar; Sayınsoy Özünal 2018:
181).
In den
letzten Jahren hat sich das Profil der Studierenden dieses Studiengangs
verändert. Während es sich bei den Studienbewerbern in den 80er und 90er Jahren
hauptsächlich um junge Rückkehrer mit
sehr guten Deutschkenntnissen handelte (Polat; Tapan 2005: 4), haben heutzutage
viele Studierende zu Studienbeginn zum Teil unzureichende Deutschkenntnisse.
Dies ist auf die Zulassungsbedingungen für das Fach zurückzuführen, denn an
manchen Hochschulen ist der Nachweis über Deutschkenntnisse nicht das
entscheidende Kriterium, sondern die erreichte Punktzahl in der Aufnahmeprüfung
für den Hochschulzugang8. In diesem Fall besteht die Möglichkeit,
ein Jahr lang eine Vorbereitungsklasse zu besuchen, um Deutschkenntnisse auf
dem Niveau B1/B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) zu
erwerben; jedoch genügt diese einjährige sprachliche Vorbereitung auf das
Fachstudium oftmals nicht. Hierbei spielt auch die Motivation
6 Yükseköğretim Kurulu (Hochschulrat).
7 Im Jahr 2018 wurde der Studiengang Deutsche Sprache und Didaktik an diesen
16 Universitäten angeboten: Anadolu Universität (Eskişehir), Atatürk
Universität (Erzurum), Bursa Uludağ Universität (Bursa), Çukurova Universität
(Adana), Dicle Universität (Diyarbakır), Dokuz Eylül Universität (Izmir), Gazi
Universität (Ankara), Hacettepe Universität (Ankara), Hakkari Universität
(Hakkari), Istanbul Universität-Cerrahpaşa (Istanbul), Marmara Universität
(Istanbul), Muğla Sıtkı Koçman Universität (Muğla), Necmettin Erbakan
Universität (Konya), Nevşehir Hacı Bektaş Veli Universität (Nevşehir), Ondokuz
Mayıs Universität (Samsun), Trakya Universität (Edirne).
8 Hierbei handelt es sich um eine
landesweite Hochschulzugangsprüfung, die von ÖSYM, der Zentrale für Bewertung, Auswahl und Platzierung,
durchgeführt wird.
der Lehramtsstudenten
eine entscheidende Rolle. Nicht wenige der Studierenden, die sich für ein
DaF-Studium entscheiden, tun dies, weil sie bei der Aufnahmeprüfung für den
Hochschulzugang die erforderliche Punktzahl für die Englischlehrerausbildung
nicht erreicht haben.
Innerhalb
der türkischen Hochschullandschaft kommt der TürkischDeutschen Universität
(TDU), die 2014 offiziell eröffnet wurde, eine besondere Rolle zu. Die TDU
verfügt über fünf Fakultäten und ein Fremdsprachenzentrum. Die
Unterrichtssprache an der TDU ist Deutsch und die Studierenden müssen im
Vorbereitungsjahr das Sprachniveau B2/C1 des GER erreichen (vgl. TDU Zentrum
für Fremdsprachen).
Deutsch
als Fremdsprache wird auch von den Fremdsprachenzentren der anderen türkischen
Hochschulen angeboten: als Intensivsprachunterricht in den Vorbereitungsklassen
für das Fachstudium, wie z.B. Germanistik und Deutschlehrerausbildung mit dem
Ziel, das Sprachniveau B1/B2 des GER zu erreichen, und als Wahlfach für
Studierende verschiedener Fachrichtungen. Insbesondere Studenten der
Ingenieurswissenschaften sind daran interessiert, neben guten
Englischkenntnissen auch Deutschkenntnisse nachweisen zu können9.
Hochqualifizierte
türkische Studierende streben ein Masterstudium oder ein Praktikum in
Deutschland an. Deutschland ist als Forschungsland auch bei türkischen
Wissenschaftlern gefragt. Der DAAD ist in der Türkei mit zwei
DAADInformationszentren in Istanbul und Ankara sowie mit insgesamt zehn
Lektoraten und zwei Sprachassistenzen an Hochschulen10 vertreten. Der
DAAD vergibt jährlich Stipendien für Sprachkurse, für ein Masterstudium, für
eine Promotion und für Forschungsaufenthalte in Deutschland. Im Jahr 2017
förderte der DAAD im Austausch mit der Türkei 1347 Personen; 428 Personen
erhielten ein Individualstipendium und 919 Stipendien wurden im Rahmen der
Projektförderung vergeben (vgl. DAAD-Ländersachstand 2018: 11).
4 Deutschunterricht
an Sprachschulen
Im Bereich
Fremdsprachenunterricht lässt sich die Tendenz beobachten, dass das Interesse
am Erlernen der deutschen Sprache gestiegen ist. Nicht nur an Schulen, sondern
auch in außerschulischen Institutionen wird Deutsch als Fremdsprache vermehrt
unterrichtet. Die drei Goethe-Institute in Istanbul, Ankara und Izmir sowie
Sprachschulen in verschiedenen türkischen Städten bieten Deutschkurse für
9
An
den Fremdsprachenzentren einiger Universtitäten wie z.B. Middle East Technical
University, Boğaziçi Universität und Bilkent Universität wird Deutsch als
Fremdsprache auf den Niveaustufen
A1-B2 angeboten, auch wenn an diesen
Universitäten die Studiengänge Germanistik und Deutschlehrerausbildung nicht
existieren.
10
Es
handelt sich um acht DAAD-Regellektorate an den Universitäten Akdeniz, Anadolu,
Ankara,
Ege, Hacettepe, Istanbul, Marmara und
ODTÜ sowie zwei DAAD-Fachlektorate an den Universitäten Istanbul Bilgi und
Istanbul Kültür. Hinzu kommen 18 Langzeitdozenten, 12 Lektoren und 16
Sprachassistenten an der TDU.
verschiedene
Altersgruppen, Sprachniveaus und Lernziele, wie z.B. Deutsch für den Beruf, an.
Immer mehr Eltern legen Wert darauf, dass ihr Kind Deutsch als zweite
Fremdsprache lernt und melden es mit diesem Ziel zu einem Sprachkurs an oder
arrangieren Privatunterricht.
Tabelle
2: Anzahl der Teilnehmer an Deutschkursen.
|
2016 |
2017 |
2018 |
Jugendliche |
161 |
254 |
367 |
Erwachsene |
2.453 |
3.433 |
3.397 |
Insgesamt |
2.614 |
3.687 |
3.764 |
Tabelle 2
zeigt, wie viele Kursteilnehmer in den Sprachkursen am Goethe-Institut Ankara
eingeschrieben waren11. Es wird ersichtlich, dass die Anzahl der
Sprachkursteilnehmer, unterteilt in Erwachsene und Jugendliche, in den Jahren
2016-2018 deutlich angestiegen ist.
Deutschlerner,
die Deutschkenntnisse für den Ehegattennachzug brauchen, stellen noch immer
eine große Gruppe dar. Diese Personen, deren Ehepartner in Deutschland leben,
benötigen für die Erteilung des Visums und der Aufenthaltserlaubnis
Sprachkenntnisse auf dem A1-Niveau des GER und müssen diese mit dem Goethe-Zertifikat
Start Deutsch 1 nachweisen (vgl. Goethe-Institut Deutschprüfungen
Ehegattennachzug). Die folgende Tabelle soll veranschaulichen, wie oft die
Prüfung Start Deutsch 1 in den Jahren 2016-2018 am Goethe-Institut Ankara
abgelegt wurde. An den Zahlen ist zu erkennen, dass die große Mehrheit der
Prüfungsteilnehmer den Sprachnachweis für den Ehegattennachzug erzielt hat.
Tabelle
3: Anzahl der Prüfung Start Deutsch 1.
|
2016 |
2017 |
2018 |
Ehegattennachzug |
4.738 |
4.564 |
5.361 |
Teilnehmer |
104 |
159 |
128 |
Insgesamt |
4.842 |
4723 |
5.489 |
Studierende,
die ein Masterstudium bzw. eine Promotion in Deutschland planen, sind daran
interessiert, ihre Sprachkenntnisse mit standardisierten Sprachtests wie z.B.
Goethe-Zertifikat C1 oder TestDaF nachzuweisen. Eine andere Gruppe stellen
Sprachkursteilnehmer dar, die Deutsch aus beruflichen Gründen lernen, um ihre
Karrierechancen zu erhöhen. In diese Gruppe können Fachkräfte, in erster
11 Die Informationen in den Tabellen 2, 3 und 4 wurden
freundlicherweise vom Goethe-Institut Ankara zur Verfügung gestellt.
Linie
Ärzte und Ingenieure, eingeordnet werden, die in Deutschland arbeiten möchten.
Nicht nur
erwachsene Deutschlernende, sondern auch Jugendliche möchten ihre
Sprachkenntnisse zertifizieren lassen. Insbesondere in den letzten Jahren sind
immer mehr Privatschulen daran interessiert, ihre Schüler auf
Zertifikatsprüfungen vorzubereiten. Dieser Trend hat mehrere Gründe; zum einen
soll durch ein offizielles und international anerkanntes Zertifikat die
Motivation der Schüler erhöht werden und zum anderen kann durch den Erfolg in
den Zertifikatsprüfungen den Eltern die Qualität des Deutschunterrichts an der
Privatschule bestätigt werden. Tabelle 4 soll aufzeigen, wie viele Kinder und
Jugendliche 2016-2018 die Prüfung Fit in Deutsch 1 (A1-Niveau des GER) und Fit
in Deutsch 2 (A2-Niveau des GER) am Goethe-Institut Ankara abgelegt haben.
Tabelle
4: Anzahl der Jugendprüfungen.
|
2016 |
2017 |
2018 |
Fit in
Deutsch 1 |
543 |
675 |
554 |
Fit in
Deutsch 2 |
307 |
202 |
134 |
Insgesamt
|
850 |
877 |
688 |
5 Ausblick
Etwa eine
halbe Million Schüler lernen in der Türkei Deutsch (DAADBildungssystemanalyse
2017: 31), hinzu kommen Deutschlernende an Universitäten und in Sprachkursen.
Dieses Potential sollte genutzt werden – nicht nur um den Deutschunterricht in
der Türkei weiter zu verankern, sondern auch um die türkisch-deutschen
Beziehungen in vielen Bereichen sowie den Dialog miteinander auszubauen.
Aufgrund der geschichtlichen Beziehungen zum einen und durch die Zuwanderung
aus der Türkei nach Deutschland hervorgerufenen engen persönlichen Verbindungen
zum anderen genießt die deutsche Sprache in der Türkei eine besondere Stellung.
Durch die Einführung der zweiten Pflichtfremdsprache lernen 90 % aller Schüler
in der Oberstufe Deutsch als zweite Fremdsprache nach Englisch (vgl. ebd.).
Obwohl Deutsch als Wahlfach bereits in der Mittelstufe einsetzen könnte, ist
dies noch nicht sehr verbreitet. Die Vorverlegung der zweiten
Pflichtfremdsprache in die Mittelstufe würde dazu führen, dass die Schüler
schon früh Kontakt zur deutschen Sprache haben und bei Schulabschluss ein
höheres Sprachniveau erreichen würden. Für die Verbreitung der deutschen
Sprache im türkischen Schulsystem ist es auch von Bedeutung, dass die Qualität
des Deutschunterrichts an Schulen verbessert wird. Hier spielt die
Deutschlehrerausbildung eine große Rolle; die Lehramtsstudierenden sollten in
stärkerem Maße gefördert werden und während des Studiums ein oder zwei
Auslandssemester in Deutschland verbringen.
Dadurch
könnten sie ihre sprachlichen, landeskundlichen und fachlichen Kenntnisse
vertiefen, was sich in ihrem späteren Berufsleben positiv auf ihren Unterricht
und damit verbunden auf die Lernmotivation der Schüler auswirken würde. Die
Erweiterung der Lehrerkompetenzen von Lehrerkandidaten könnte durch Hochschulkooperationen
zwischen DaF-Studiengängen an türkischen und deutschen Universitäten ausgebaut
werden. Nicht nur die Ausbildung von DaF-Lehrkräften, sondern auch ihre
Fortbildung kann zur Qualität des Deutschunterrichts in der Türkei beitragen.
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Deutsch als Fremdsprache in der
Türkei – eine aktuelle Bestandsaufnahme
Gamze Karbi (Ankara, Türkei)
1 Türkisch-Deutsche
Beziehungen und die Anfänge des Deutschunterrichts
2023 wird
die Türkische Republik 100 Jahre alt. Schon vor der Gründung der Türkischen
Republik existierten zwischen dem Osmanischen Reich und dem Deutschen Reich
militärische, politische, wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche
Beziehungen. Im Ersten Weltkrieg waren beide Staaten Verbündete und nach
Kriegsende gehörten sie zu den Verlierern. Aufgrund geschichtlicher
Hintergründe, aber auch durch die heutigen wirtschaftlichen,
gesellschaftspolitischen, kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen hat
Deutsch als Fremdsprache in der Türkei eine lange Tradition und einen
besonderen Stellenwert (Akdoğan 2003: 46).
Französisch
war im 19. Jahrhundert die vorherrschende europäische Fremdsprache im
Osmanischen Reich. Durch den Bedarf an qualifizierten Dolmetschern1,
die sowohl für diplomatische, als auch für wirtschaftliche Beziehungen
eingesetzt werden sollten, wurde im Jahr 1864 eine Sprachschule gegründet, die anfangs Dolmetscher für Französisch,
Rumänisch und Bulgarisch ausbildete und an der per Befehl von Sultan Abdülhamid
II. ab 1892 auch Englisch, Russisch und Deutsch angeboten wurden (Genç 2003:
20). Deutsch wurde ab dem Ende des 19. Jahrhunderts nur an wenigen Schulen
unterrichtet. An dieser Stelle sind die Deutsche
Schule (Gründung 1868) und das österreichische St. Georgs-Gymnasium (Gründung 1889) zu nennen; hier handelte es
sich anfangs um Deutsch als Mutterspra-
1 Maskuline Personenbezeichnungen werden im ganzen
Beitrag im generischen Sinne verwendet und beziehen sich sowohl auf weibliche
als auch auf männliche Personen.
che (Ammon
2015: 1020). Diese Schulen wurden von Eltern aus der deutschsprachigen Kolonie
am Bosporus, sogenannten Bosporusdeutschen,
gegründet (Münch 2014: 127). Damals besuchten überwiegend Kinder deutscher
Familien diese deutschsprachigen Schulen. Laut Informationen über das
gegenwärtige Schulprofil der Deutschen Schule Istanbul besitzen heute 80 % der
Schülerschaft die türkische Staatsangehörigkeit (vgl. Deutsche Schule Istanbul,
Schulportrait).
Nach dem
Ersten Weltkrieg existierte das Osmanische Reich nicht mehr. Die Türkische
Republik wurde 1923 gegründet und ab Mitte der 1920er Jahre wurden Reformen in
allen Bereichen durchgeführt, auch im Bildungswesen (Ortaylı 2011: 56). Der
Präsident Mustafa Kemal Atatürk, Vater
der Türken, legte großen Wert auf die Modernisierung des Landes und auf
seine Einladung kamen deutsche Wissenschaftler, Ärzte, Künstler und Architekten
in die Türkei (vgl. Mangold-Will 2014).
Nicht zu
vergessen ist die Tatsache, dass von 1933 bis 1945 rund 800 deutschsprachige
Exilanten in die Türkei kamen, darunter zahlreiche Hochschullehrer,
Wissenschaftler und ihre Mitarbeiter, aber auch Handwerker und Menschen mit
kleinen Geschäften. Sie waren vor dem Nationalsozialismus geflohen und fanden
Zuflucht in der damals jungen Türkischen Republik (Türkei-Jahrbuch 1998: 83).
Sie hinterließen ihre Spuren in den verschiedenen Bereichen und leisteten einen
wichtigen Beitrag bei der Neugestaltung der türkischen Universitäten.
Wenn man
die deutsch-türkischen Beziehungen untersucht, dann stellt man fest, dass das
am 30. Oktober 1961 unterzeichnete Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der
Türkei einen Wendepunkt darstellt. Beide Seiten wussten zu diesem Zeitpunkt
nicht, welche weitreichenden Folgen dies für das Leben der Gastarbeiter und welche Veränderungen das Anwerbeabkommen für die
deutsche Gesellschaft und Politik mit sich bringen würde. Die Anwerbung war
ausschließlich für Unverheiratete vorgesehen und auf zwei Jahre befristet. Ein
Familiennachzug war verboten. In den folgenden Jahren änderte sich diese
Situation und Ehepartner und Kinder der Gastarbeiter
kamen auch nach Deutschland. 1983 wurden mit einem Beschluss der
Bundesregierung Rückkehrprämien an Ausländer gezahlt; etwa 120.000 Türken
kehrten in die Türkei zurück (Seifert 2001: 57). Nach Angaben des Statistischen
Bundesamts lebten im Jahr 2017 1,48 Millionen türkische Staatsbürger in
Deutschland (Statistisches Bundesamt 2017). Diese Zahl erhöht sich auf 2,86
Millionen Menschen, wenn die in Deutschland lebenden türkischstämmigen Menschen
mit deutschem Pass einberechnet werden (vgl. ebd.). Die Migration erfolgt aber
auch in die andere Richtung; zu erwähnen ist die Abwanderung von Deutschland in
die Türkei; jährlich wandern 14.000 bis 17.000 türkische Staatsangehörige in
die Türkei ab (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2014). Diese
Wanderungsbewegungen haben Auswirkungen auf den fremdsprachlichen
Deutschunterricht. Für die Kinder der türkischen Familien, die insbesondere in
den 80er Jahren in die Türkei zurückgekehrt waren, die sogenannten Rückkehrer, wurden vermehrt Schulen mit
Deutsch als Unterrichtssprache benötigt. Die Anadolu-Gymnasien hatten wegen ihrer fremdsprachlichen Ausrichtung
ein hohes Ansehen und sollten Rückkehrerkindern
die Reintegration ermöglichen. Parallel dazu stieg auch die Nachfrage für die
Studiengänge Germanistik und Deutschlehrerausbildung.
Hinsichtlich
der deutsch-türkischen Beziehungen sind die Wirtschaftsbeziehungen von großer
Bedeutung. Betrachtet man die Handelspartner von Deutschland im Jahr 2017,
stellt man fest, dass die Türkei auf Rang 16 von insgesamt 239 Handelspartnern
steht (Statistisches Bundesamt 2018). Die Handelsbeziehungen zwischen der
Türkei und Deutschland erfordern gute Deutschkenntnisse. Zu erwähnen ist auch,
dass die Türkei für viele Deutsche ein beliebtes Reiseland ist. Den Zahlen des
türkischen Tourismusministeriums zufolge kamen allein im Juni 2018 452.000
deutsche Gäste in die Türkei, das sind 18 % mehr, als im Jahr 2017. Mehr als 4,5
Millionen deutsche Touristen besuchten die Türkei im Jahr 2018
(Tourismusministerium der Türkischen Republik 2018). Die Ausbildung von
Fachkräften für die Tourismusbranche erfolgt an Berufsgymnasien für Tourismus
(Anadolu Otelcilik ve Turizm Meslek Lisesi) und an Hochschulen in Studiengängen
wie z.B. Tourismusmanagement2. Sowohl am Berufsgymnasium als auch in
den Studiengängen, die Tourismus-Fachkräfte ausbilden, spielt der
Fremdsprachenunterricht eine wichtige Rolle. Als zweite Fremdsprache nach
Englisch wird an diesen Schulen Deutsch, Russisch und Französisch
unterrichtet.
2 Deutschunterricht
an Schulen
In der
Türkei existieren verschiedene Schultypen mit jeweils unterschiedlichen
Lernangeboten: staatliche Schulen, Privatschulen und Stiftungsschulen. Eine
kleine Gruppe bilden die Minderheitenschulen, dazu können die armenische,
jüdische und griechische Schule, die alle in Istanbul sind, gezählt werden;
hinzu kommen die Botschaftsschulen.
Nach
Angaben einer Schulstatistik, die im Jahr 2018 vom Erziehungsministerium
veröffentlicht wurde, besuchen 14.684.664 Schüler staatliche Schulen und
1.204.963 Schüler Privatschulen (Milli Eğitim İstatistikleri Örgün Eğitim 2018:
129). 2016 bis 2017 wurden in der Türkei 1.777 neue Privatschulen gegründet
(Milli Eğitim Bakanlığı Özel Öğretim Kurumları Genel Müdürlüğü 2017: 1). An
diesen Zahlen kann man erkennen, dass Privatschulen in der Türkei zwar keinen
herausragenden Platz in der Schullandschaft einnehmen, die Nachfrage jedoch
steigt.
Der
Fremdsprachenunterricht in der Türkei wurde in den letzten Jahren maßgeblich
durch zwei Entwicklungen beeinflusst. Mit dem Schulreformgesetz im Jahr 1997
wurde die Schulpflicht auf acht Jahre verlängert, dadurch konnte die erste
Fremdsprache bereits im Primarbereich und eine weitere Fremdsprache in den
höheren Schulstufen eingeführt werden (Akdogan 2003: 46). Ab 2012 wurde die
Schulpflicht
auf 12 Jahre erhöht und das Schulsystem geändert (Gündoğar;
2 Dieser Studiengang wird an zahlreichen Universitäten
angeboten, an dieser Stelle sollen nur einige davon aufgezählt werden; Anadolu
Universität, Marmara Universität, Bilkent Universität, Istanbul Universität,
Akdeniz Universität.
Sayınsoy Özünal 2018: 172). Demnach
sieht die Aufteilung folgendermaßen aus:
Grundschule
(1.-4. Klasse), Mittelstufe (5.-8. Klasse) und Oberstufe (9.-12. Klasse). Die
erste Fremdsprache setzt bereits ab der 2. Klasse mit zwei Unterrichtseinheiten
pro Woche und ab der Mittelstufe mit vier Wochenstunden obligatorisch ein
(Çetintaş; Genç 2016: 1684).
Die erste
Fremdsprache an türkischen Schulen ist in der Regel Englisch, eine Ausnahme
bilden türkeiweit ca. 40 Anadolu-Schulen (Anadolu Lisesi) mit Deutsch als
erster Fremdsprache (z.B. Bornova Anadolu Lisesi, Cağaloğlu Anadolu Lisesi),
einige Privatschulen (z.B. TAKEV, ALEV, IELEV) sowie die Deutschen
Auslandsschulen (z.B. die Ernst Reuter Schule Ankara, die Deutsche Schule
Istanbul).
Jahrelang
war Französisch die erste Fremdsprache in der Türkei, später die meistgelernte
Fremdsprache nach Englisch. In den letzten zehn Jahren hat sich diese Situation
geändert. Das Angebot der zweiten Fremdsprache als Pflichtfach und als Wahlfach
umfasst die Sprachen Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch,
Japanisch, Chinesisch oder Russisch (Uzuntaş 2013: 514). In Bezug auf die
Lernerzahlen hat sich die deutsche Sprache als zweite Fremdsprache etabliert
(Polat; Tapan 2005: 1). Nach dem Schulreformgesetz im Jahr 2012 ist ab der 9.
Klasse die zweite Fremdsprache Wahlpflichtfach. Seitdem ist der
Deutschunterricht im Aufwind, dies zeigt sich an der dynamischen Entwicklung
was die Zahl der Deutschlernenden im Schulbereich betrifft (für 1985-2010:
Ammon 2015: 1021; für 2015: DAAD-Bildungssystemanalyse 2017: 31).
Tabelle
1: Zahl der Deutschlernenden über die Jahre 1985-2015.
|
1985 |
1995 |
2000 |
2005 |
2010 |
2015 |
DaF- Lernende an türkischen Schulen |
280.000 |
80.000 |
225.000 |
260.000 |
309.069 |
450.000 |
An dieser
Stelle sollen Schulen, an denen die deutsche Sprache einen besonders hohen
Stellenwert hat, hervorgehoben werden. In der Türkei gibt es 17 Schulen3,
die von Deutschland unterstützt werden, indem ein Fachberater der Zentralstelle
für das Auslandsschulwesen (ZfA) und Lehrkräfte aus Deutschland entsandt werden4.
Die Schüler an diesen Schulen haben die Möglichkeit, die Prüfung für das
Deutsche Sprachdiplom (DSD I oder DSD II) abzulegen. Den Deutschlehrkräften der
Schulen werden regelmäßig Prüferschulungen und Fortbildungen angeboten.
3
Verteilung
der von der ZfA geförderten Schulen nach Städten: Adana (eine Schule), Ankara
(drei Schulen), Antalya (eine Schule), Istanbul (sieben Schulen), Izmir (vier
Schulen) und Samsun (eine Schule).
4
Informationen
bezüglich der DSD-Schulen in der Türkei wurden freundlicherweise von Frau Semra
Budak, Fachberaterin für Deutsch im Auftrag der Zentralstelle für das
Auslandsschulwesen, zur Verfügung gestellt.
Seit zehn
Jahren wird Deutsch an türkischen Schulen auch durch die PASCH-
Initiative5
gefördert. Die sogenannten PASCH-Schulen
werden vom GoetheInstitut mit dem Ziel betreut, die Deutsch- und
Landeskundekenntnisse der Schüler und Lehrkräfte zu fördern (vgl.
Goethe-Institut PASCH-Initiative). Durch Sprachcamps, Schulprojekte und
Wettbewerbe, an denen sich die Schüler beteiligen, sollen sie ihre
Deutschkenntnisse anwenden und erweitern können. Stipendien für einen
Deutschlandaufenthalt helfen den Deutschlernenden, Deutschland und seine Kultur
besser kennenzulernen. Deutschlehrkräfte bekommen mit einem PASCH-Stipendium
die Möglichkeit, an Schulen in Deutschland zu hospitieren und an
Lehrerfortbildungen zu methodisch-didaktischen Themen teilzunehmen.
Die oben
beschriebenen aktuellen schulischen Bedingungen ermöglichen es, von einer
positiven zukunftsbezogenen Perspektive von Deutsch als Fremdsprache in der
Türkei zu sprechen.
Eine
weitere Entwicklung innerhalb der türkischen Schullandschaft stellt die
ansteigende Zahl der Imam Hatip Lisesi, Berufsfachgymnasien
zur Ausbildung von Imamen (Vorbeter)
und Hatip (Prediger), dar. In Bezug
auf den schulischen Fremdsprachenunterricht ist kennzeichnend, dass an diesem
Schultyp im Gegensatz zu anderen Schulen Deutsch als Fremdsprache nicht
angeboten wird und der obligatorische Fremdsprachenunterricht in drei Kategorien
gegliedert ist: Englisch, Arabisch und Arabisch für den Beruf; als Wahlfach
wird an einigen Schulen Persisch angeboten (vgl. Anadolu Imam Hatip Lisesi
Haftalık Ders Çizelgesi 2018/2019). Das bedeutet, dass die verbreitete
Fremdsprachenkombination Englisch als erste Fremdsprache und Deutsch als zweite
Fremdsprache an diesem Schultyp nicht vertreten ist. Die Zahl der Imam Hatip Lisesi ist in den letzten
Jahren stark angestiegen, auch durch die Umwandlung von regulären Gymnasien
(Lise) und Anadolu Lisesi in Imam Hatip
Lisesi. In den letzten zwei Jahren ist ein Anstieg um 26,36 % zu vermerken;
im Schuljahr 2017/2018 lag die Anzahl der Imam Hatip Lisesi bei 1452 (Milli
Eğitim İstatistikleri Örgün Eğitim 2017/18). Die 645.000 Schüler dieses
Schultyps stellen 11 % aller Gymnasiasten in der Türkei dar. Nicht nur ins
schulische, sondern auch ins gesellschaftliche Leben hat die arabische Sprache
mehr Zugang gefunden. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Tatsache, dass in der
Türkei heutzutage etwa vier Millionen syrische Flüchtlinge leben. Besonders in
Provinzen, die an der 911 km langen Grenze zu Syrien liegen, aber auch in den
Großstädten Istanbul, Ankara, Adana, Mersin und Gaziantep, hat die Zahl von
Menschen mit Arabisch als Muttersprache stark zugenommen.
5 PASCH steht für die Initiative Schulen: Partner der Zukunft.
3 Deutsch
an Universitäten
An den
türkischen Universitäten werden folgende drei Studiengänge im Kontext von
Deutsch als Fremdsprache angeboten: Germanistik,
Deutsche Sprache und ihre Didaktik (Deutsch
als Fremdsprache auf Lehramt) und Übersetzungs-
und Dolmetscherausbildung für Deutsch (vgl. YÖK6 Atlas
2019).
Die
Deutschlehrerausbildung ist eine Abteilung an den Erziehungswissenschaftlichen
Fakultäten der Hochschulen. Im Zuge des Bologna-Prozesses wurde das Curriculum
der Deutschlehrerausbildung im Jahre 2006 neu strukturiert. Das revidierte
berufsqualifizierende Studienprogramm ermöglicht eine freiere Gestaltung der
Lehrveranstaltungen, da das Angebot an Wahlfächern erweitert wurde. Bei dem Studiengang
Deutsche Sprache und ihre Didaktik7
handelt es sich um ein vierjähriges Lehramtsstudium, bei dessen Abschluss die
Absolventen eine Lehrbefähigung erhalten. Das Studium umfasst auch ein
Praktikum, das den Studierenden den Erwerb von Kompetenzen und
Schlüsselqualifikationen in Bezug auf den Lehrerberuf ermöglichen soll. Im
siebten Semester hospitieren die Studierenden an Schulen im Rahmen eines
umfassenden Programms zur Unterrichtsbeobachtung und im achten Semester folgt
das eigentliche Deutschfachpraktikum, bei dem die Studenten Unterricht
beobachten und auch selbst unterrichten (vgl. Gündoğar; Sayınsoy Özünal 2018:
181).
In den
letzten Jahren hat sich das Profil der Studierenden dieses Studiengangs
verändert. Während es sich bei den Studienbewerbern in den 80er und 90er Jahren
hauptsächlich um junge Rückkehrer mit
sehr guten Deutschkenntnissen handelte (Polat; Tapan 2005: 4), haben heutzutage
viele Studierende zu Studienbeginn zum Teil unzureichende Deutschkenntnisse.
Dies ist auf die Zulassungsbedingungen für das Fach zurückzuführen, denn an
manchen Hochschulen ist der Nachweis über Deutschkenntnisse nicht das
entscheidende Kriterium, sondern die erreichte Punktzahl in der Aufnahmeprüfung
für den Hochschulzugang8. In diesem Fall besteht die Möglichkeit,
ein Jahr lang eine Vorbereitungsklasse zu besuchen, um Deutschkenntnisse auf
dem Niveau B1/B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) zu
erwerben; jedoch genügt diese einjährige sprachliche Vorbereitung auf das
Fachstudium oftmals nicht. Hierbei spielt auch die Motivation
6 Yükseköğretim Kurulu (Hochschulrat).
7 Im Jahr 2018 wurde der Studiengang Deutsche Sprache und Didaktik an diesen
16 Universitäten angeboten: Anadolu Universität (Eskişehir), Atatürk
Universität (Erzurum), Bursa Uludağ Universität (Bursa), Çukurova Universität
(Adana), Dicle Universität (Diyarbakır), Dokuz Eylül Universität (Izmir), Gazi
Universität (Ankara), Hacettepe Universität (Ankara), Hakkari Universität
(Hakkari), Istanbul Universität-Cerrahpaşa (Istanbul), Marmara Universität
(Istanbul), Muğla Sıtkı Koçman Universität (Muğla), Necmettin Erbakan
Universität (Konya), Nevşehir Hacı Bektaş Veli Universität (Nevşehir), Ondokuz
Mayıs Universität (Samsun), Trakya Universität (Edirne).
8 Hierbei handelt es sich um eine
landesweite Hochschulzugangsprüfung, die von ÖSYM, der Zentrale für Bewertung, Auswahl und Platzierung,
durchgeführt wird.
der Lehramtsstudenten
eine entscheidende Rolle. Nicht wenige der Studierenden, die sich für ein
DaF-Studium entscheiden, tun dies, weil sie bei der Aufnahmeprüfung für den
Hochschulzugang die erforderliche Punktzahl für die Englischlehrerausbildung
nicht erreicht haben.
Innerhalb
der türkischen Hochschullandschaft kommt der TürkischDeutschen Universität
(TDU), die 2014 offiziell eröffnet wurde, eine besondere Rolle zu. Die TDU
verfügt über fünf Fakultäten und ein Fremdsprachenzentrum. Die
Unterrichtssprache an der TDU ist Deutsch und die Studierenden müssen im
Vorbereitungsjahr das Sprachniveau B2/C1 des GER erreichen (vgl. TDU Zentrum
für Fremdsprachen).
Deutsch
als Fremdsprache wird auch von den Fremdsprachenzentren der anderen türkischen
Hochschulen angeboten: als Intensivsprachunterricht in den Vorbereitungsklassen
für das Fachstudium, wie z.B. Germanistik und Deutschlehrerausbildung mit dem
Ziel, das Sprachniveau B1/B2 des GER zu erreichen, und als Wahlfach für
Studierende verschiedener Fachrichtungen. Insbesondere Studenten der
Ingenieurswissenschaften sind daran interessiert, neben guten
Englischkenntnissen auch Deutschkenntnisse nachweisen zu können9.
Hochqualifizierte
türkische Studierende streben ein Masterstudium oder ein Praktikum in
Deutschland an. Deutschland ist als Forschungsland auch bei türkischen
Wissenschaftlern gefragt. Der DAAD ist in der Türkei mit zwei
DAADInformationszentren in Istanbul und Ankara sowie mit insgesamt zehn
Lektoraten und zwei Sprachassistenzen an Hochschulen10 vertreten. Der
DAAD vergibt jährlich Stipendien für Sprachkurse, für ein Masterstudium, für
eine Promotion und für Forschungsaufenthalte in Deutschland. Im Jahr 2017
förderte der DAAD im Austausch mit der Türkei 1347 Personen; 428 Personen
erhielten ein Individualstipendium und 919 Stipendien wurden im Rahmen der
Projektförderung vergeben (vgl. DAAD-Ländersachstand 2018: 11).
4 Deutschunterricht
an Sprachschulen
Im Bereich
Fremdsprachenunterricht lässt sich die Tendenz beobachten, dass das Interesse
am Erlernen der deutschen Sprache gestiegen ist. Nicht nur an Schulen, sondern
auch in außerschulischen Institutionen wird Deutsch als Fremdsprache vermehrt
unterrichtet. Die drei Goethe-Institute in Istanbul, Ankara und Izmir sowie
Sprachschulen in verschiedenen türkischen Städten bieten Deutschkurse für
9
An
den Fremdsprachenzentren einiger Universtitäten wie z.B. Middle East Technical
University, Boğaziçi Universität und Bilkent Universität wird Deutsch als
Fremdsprache auf den Niveaustufen
A1-B2 angeboten, auch wenn an diesen
Universitäten die Studiengänge Germanistik und Deutschlehrerausbildung nicht
existieren.
10
Es
handelt sich um acht DAAD-Regellektorate an den Universitäten Akdeniz, Anadolu,
Ankara,
Ege, Hacettepe, Istanbul, Marmara und
ODTÜ sowie zwei DAAD-Fachlektorate an den Universitäten Istanbul Bilgi und
Istanbul Kültür. Hinzu kommen 18 Langzeitdozenten, 12 Lektoren und 16
Sprachassistenten an der TDU.
verschiedene
Altersgruppen, Sprachniveaus und Lernziele, wie z.B. Deutsch für den Beruf, an.
Immer mehr Eltern legen Wert darauf, dass ihr Kind Deutsch als zweite
Fremdsprache lernt und melden es mit diesem Ziel zu einem Sprachkurs an oder
arrangieren Privatunterricht.
Tabelle
2: Anzahl der Teilnehmer an Deutschkursen.
|
2016 |
2017 |
2018 |
Jugendliche |
161 |
254 |
367 |
Erwachsene |
2.453 |
3.433 |
3.397 |
Insgesamt |
2.614 |
3.687 |
3.764 |
Tabelle 2
zeigt, wie viele Kursteilnehmer in den Sprachkursen am Goethe-Institut Ankara
eingeschrieben waren11. Es wird ersichtlich, dass die Anzahl der
Sprachkursteilnehmer, unterteilt in Erwachsene und Jugendliche, in den Jahren
2016-2018 deutlich angestiegen ist.
Deutschlerner,
die Deutschkenntnisse für den Ehegattennachzug brauchen, stellen noch immer
eine große Gruppe dar. Diese Personen, deren Ehepartner in Deutschland leben,
benötigen für die Erteilung des Visums und der Aufenthaltserlaubnis
Sprachkenntnisse auf dem A1-Niveau des GER und müssen diese mit dem Goethe-Zertifikat
Start Deutsch 1 nachweisen (vgl. Goethe-Institut Deutschprüfungen
Ehegattennachzug). Die folgende Tabelle soll veranschaulichen, wie oft die
Prüfung Start Deutsch 1 in den Jahren 2016-2018 am Goethe-Institut Ankara
abgelegt wurde. An den Zahlen ist zu erkennen, dass die große Mehrheit der
Prüfungsteilnehmer den Sprachnachweis für den Ehegattennachzug erzielt hat.
Tabelle
3: Anzahl der Prüfung Start Deutsch 1.
|
2016 |
2017 |
2018 |
Ehegattennachzug |
4.738 |
4.564 |
5.361 |
Teilnehmer |
104 |
159 |
128 |
Insgesamt |
4.842 |
4723 |
5.489 |
Studierende,
die ein Masterstudium bzw. eine Promotion in Deutschland planen, sind daran
interessiert, ihre Sprachkenntnisse mit standardisierten Sprachtests wie z.B.
Goethe-Zertifikat C1 oder TestDaF nachzuweisen. Eine andere Gruppe stellen
Sprachkursteilnehmer dar, die Deutsch aus beruflichen Gründen lernen, um ihre
Karrierechancen zu erhöhen. In diese Gruppe können Fachkräfte, in erster
11 Die Informationen in den Tabellen 2, 3 und 4 wurden
freundlicherweise vom Goethe-Institut Ankara zur Verfügung gestellt.
Linie
Ärzte und Ingenieure, eingeordnet werden, die in Deutschland arbeiten möchten.
Nicht nur
erwachsene Deutschlernende, sondern auch Jugendliche möchten ihre
Sprachkenntnisse zertifizieren lassen. Insbesondere in den letzten Jahren sind
immer mehr Privatschulen daran interessiert, ihre Schüler auf
Zertifikatsprüfungen vorzubereiten. Dieser Trend hat mehrere Gründe; zum einen
soll durch ein offizielles und international anerkanntes Zertifikat die
Motivation der Schüler erhöht werden und zum anderen kann durch den Erfolg in
den Zertifikatsprüfungen den Eltern die Qualität des Deutschunterrichts an der
Privatschule bestätigt werden. Tabelle 4 soll aufzeigen, wie viele Kinder und
Jugendliche 2016-2018 die Prüfung Fit in Deutsch 1 (A1-Niveau des GER) und Fit
in Deutsch 2 (A2-Niveau des GER) am Goethe-Institut Ankara abgelegt haben.
Tabelle
4: Anzahl der Jugendprüfungen.
|
2016 |
2017 |
2018 |
Fit in
Deutsch 1 |
543 |
675 |
554 |
Fit in
Deutsch 2 |
307 |
202 |
134 |
Insgesamt
|
850 |
877 |
688 |
5 Ausblick
Etwa eine
halbe Million Schüler lernen in der Türkei Deutsch (DAADBildungssystemanalyse
2017: 31), hinzu kommen Deutschlernende an Universitäten und in Sprachkursen.
Dieses Potential sollte genutzt werden – nicht nur um den Deutschunterricht in
der Türkei weiter zu verankern, sondern auch um die türkisch-deutschen
Beziehungen in vielen Bereichen sowie den Dialog miteinander auszubauen.
Aufgrund der geschichtlichen Beziehungen zum einen und durch die Zuwanderung
aus der Türkei nach Deutschland hervorgerufenen engen persönlichen Verbindungen
zum anderen genießt die deutsche Sprache in der Türkei eine besondere Stellung.
Durch die Einführung der zweiten Pflichtfremdsprache lernen 90 % aller Schüler
in der Oberstufe Deutsch als zweite Fremdsprache nach Englisch (vgl. ebd.).
Obwohl Deutsch als Wahlfach bereits in der Mittelstufe einsetzen könnte, ist
dies noch nicht sehr verbreitet. Die Vorverlegung der zweiten
Pflichtfremdsprache in die Mittelstufe würde dazu führen, dass die Schüler
schon früh Kontakt zur deutschen Sprache haben und bei Schulabschluss ein
höheres Sprachniveau erreichen würden. Für die Verbreitung der deutschen
Sprache im türkischen Schulsystem ist es auch von Bedeutung, dass die Qualität
des Deutschunterrichts an Schulen verbessert wird. Hier spielt die
Deutschlehrerausbildung eine große Rolle; die Lehramtsstudierenden sollten in
stärkerem Maße gefördert werden und während des Studiums ein oder zwei
Auslandssemester in Deutschland verbringen.
Dadurch
könnten sie ihre sprachlichen, landeskundlichen und fachlichen Kenntnisse
vertiefen, was sich in ihrem späteren Berufsleben positiv auf ihren Unterricht
und damit verbunden auf die Lernmotivation der Schüler auswirken würde. Die
Erweiterung der Lehrerkompetenzen von Lehrerkandidaten könnte durch Hochschulkooperationen
zwischen DaF-Studiengängen an türkischen und deutschen Universitäten ausgebaut
werden. Nicht nur die Ausbildung von DaF-Lehrkräften, sondern auch ihre
Fortbildung kann zur Qualität des Deutschunterrichts in der Türkei beitragen.
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